FIA-Partner in Afghanistan

Heusenstamm – Seit 14 Jahren beraten deutsche Polizeibeamte das Land Afghanistan beim Aufbau einer landeseigenen Polizei. Dazu gibt es unter anderem eine Ausbildungs-Akademie in der Hauptstadt Kabul. Von Claudia Bechthold 

op-online.de (www.op-online.de), 06. August 2016

Jetzt haben sich die dort stationierten Kräfte Hilfe in Sachen Öffentlichkeitsarbeit geholt – aus Heusenstamm. Was sogenannte Public Relations (PR) betrifft, öffentliche Beziehungen also, macht dem Heusenstammer Steffen Ball so schnell keiner was vor. Seit Jahren ist er Chef einer solchen Agentur, hat frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und inzwischen die digitale Kommunikation zum Schwerpunkt seiner Agentur gemacht. Firmen und größere Konzerne zählen übrigens ebenso zu seinen Kunden wie Verbände und Kommunen. Jetzt aber hat Steffen Ball einen Auftrag erhalten, der sogar ihn ein wenig verblüfft hat. Für eine Woche sei er nach Kabul eingeladen, um wichtige Personen in Sachen Umgang mit Medien und Kommunikation zu beraten. „Das ist eine großartige Aufgabe“, sagt er, „da habe ich nicht lange nachgedacht“.

Bevor Ball nach Kabul gereist ist, hat er sich gründlich vorbereitet: „Ich wusste, ich reise in ein Land, in das man normalerweise nicht kommt. Mir war auch klar, dass ich es mit Menschen zu tun haben würde, deren kulturellen Hintergrund ich kaum kenne.“ Präsentationen, die er zusammengestellt hatte, mussten schon vor der Reise nach Kabul geschickt werden, um übersetzt zu werden. Auch dort hatte er ständig einen Dolmetscher an der Seite, der seine Worte in Farsi übersetzt hat. Allerdings, bei aller Vorbereitung, „das Programm hat sich während des Aufenthaltes ständig verändert“. Die Pressestelle des afghanischen Innenministeriums etwa hat der 48 Jahre alte Heusenstammer beraten. Vor allem um das Internet, um die Nutzung sozialer Netzwerke ging es dabei. „In den sozialen Netzwerken geht es im Zusammenhang mit Afghanistan meistens nur um den Krieg“, berichtet er. Das wolle man ändern.

Aber der Aufenthalt an sich hat den PR-Experten schon sehr beeindruckt. „Erschreckend für mich als Westeuropäer war die Sicherheitslage, mit der man dort konfrontiert ist. Und der Verkehr in Kabul. Für drei Kilometer Fahrt haben wir eine dreiviertel Stunde gebraucht.“ Es gebe viele Sicherheitschecks, sagt er. Und auch bei Hitze mit Temperaturen um die 35 Grad Celsius müsse man stets schwere Sprengschutzwesten tragen. „Das ist schon befremdlich.“ Der Alltag dort werde durch all diese Umstände schwierig und vor allem körperlich anstrengend. Zwar habe er sich extrem gut geschützt gefühlt, aber „man lernt, die Freiheit in unserem Land zu schätzen“.

Von Kabul habe er nur wenig mitbekommen. Auf den Autofahrten sehe man viele, quirlig umher laufende Menschen, Obst- und Gemüsestände. Aber auch Slums, Kinder, die auf Müllbergen leben. „Man gewinnt da auch Respekt vor dem Leben.“ Die Afghanen gehen nach seinem Eindruck ganz normal ihrem Alltag nach. „Sie gehen auf die Straßen, versuchen offensichtlich die Gefahr auszublenden, leben mit den regelmäßigen Anschlägen.“ Erstaunt sei er, schildert der Schlossstädter seine Eindrücke, wie viele „extrem gut ausgebildete Menschen“ es in Kabul gibt: „Diese Menschen wollen ihr Land voranbringen. Man hat das Gefühl, sie ringen um ihr Land. Ich glaube, es täte uns auch gut, mehr um den Fortschritt unseres Landes zu ringen, statt es ständig schlecht zu reden“, fügt Steffen Ball nachdenklich hinzu.

In Kabul überrascht wurde Steffen Ball von den Kollegen des deutschen Polizeikontingents in Afghanistan übrigens mit einem ganz besonderen Willkommensgeschenk: Diese hatten dem Geschäftsführer des Hessischen Apfelweinverbandes eigens ein Kistchen mit echtem Stöffche nach Kabul schicken lassen.